Konzept

Kerszt Urnen - Konzept

In einer Zeit, in der die Zahl der Feuerbestattungen stetig zunimmt, war es mir nach intensiver Beschäftigung mit dem Thema „Urne“ ein Anliegen, dieses sehr sensible Produkt, die „letzte Behausung“ eines Menschen, gestalterisch und ästhetisch neu und zeitgemäß zu hinterfragen, und damit nicht nur der Individualität jedes Verstorbenen besser Rechnung zu tragen, sondern auch den Hinterbliebenen eine qualitativ andere Abschiedsform und einen letzten Eindruck zu ermöglichen.

Für mich spiegelt sich in der Art und Weise, wie wir den Abschied von einem Menschen gestalten, welchen ästhetischen Wert wir der Architektur seines „letzten Hauses“ und somit der Erinnerung an ihn zumessen, unsere Einstellung sowohl zum Tod als auch zum Leben wieder. Und es erscheint mir richtig und wichtig, dem Verstorbenen eine persönlichere Referenz zu erweisen, als es die seit Jahrzehnten stark standardisierte und konfektionierte Form der herkömmlichen Urne zu tun vermag.

Die Kultur des Abschiednehmens ist heute noch immer von vielen Tabus geprägt und viel zu oft noch in Konventionen und tradierten Ritualen erstarrt, die weder zeitgemäß noch tröstlich erscheinen. Warum bewegt sich die Gestaltung einer Urne bis heute zumeist nur im herkömmlichen symbolischen Spannungsfeld zwischen Dürers „betenden Händen“ oder irgendwelcher Kreuz- oder Rosenapplikationen in möglichst billiger Massenherstellung? Warum sollte man nicht generell in einen völlig neuen Diskurs über Tod, Trauer und die individuelle Gestaltung des Abschieds treten?

Für mich ist die schon zweieinhalb Jahrzehnte andauernde berufliche Beschäftigung mit einem lebendigen, warmen und dynamischen Material wie Holz, einem der ältesten Werkstoffe der Welt, nach wie vor ein Herzensthema und eine ständige gestalterische Herausforderung.

Holz ist eigenwillig, widerspenstig, es lässt sich nur mit großem Wissen um seine Charakteristika bearbeiten und in eine Form bringen, behält dabei aber immer seine eigene Dynamik und verändert sich ständig. Kein Holzbild gleicht exakt dem anderen, es ist ein individuelles und natürliches Material, das sich organisch wieder vollständig in den ökologischen Kreislauf eingliedert.

Mit Holz lässt sich somit für mich ideal die Analogie zur Einzigartigkeit und Vergänglichkeit eines jeden Menschen gestalterisch spiegeln und in Kombination mit dem sparsamen Einsatz von farblichen Akzenten das Thema „Urne“ neu interpretieren.

Victoria Kerszt